Reise 2008 in die Vergangenheit: In das Land der Pharaonen

Bericht 6



29.10. - 03.11.08

Ankunft in Ägypten - Durch den Sinai nach Kairo

600 km


29.10. Nach Nuweiba in Ägypten

Tages-km: -
Leider haben wir erst für die Nachtfähre eine Buchung erreichen können, was bedeutet, dass wir noch einen Tag auf dieser Baustelle verbringen und den Arbeitern bei ihrem halsbrecherischen Hausbau zuschauen können. Neben uns bastelt einer an einem Offroad-Fahrzeug herum, Ölfarbgeruch legt sich auf die Schleimhäute. Urlaubsidylle am roten Meer. Um 18 Uhr geht es los zu Fähre, Grenzabfertigung usw. Voraussichtlich werden wir morgen um 4 Uhr in Nuweiba ankommen, dann beginnen die ägyptischen Grenzabfertigungen.

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt…
Unsere Abfahrt zum Hafen wurde auf 19:30 Uhr verschoben, warum dort so lange stehen, wenn es hier so viel schöner ist. Die jordanische Grenzabfertigung ging dann sehr flott und dann begann das Warten. Es wurde klar, warum es keinen Fahrplan gab, sondern nur eine "after nine Ferry". Wir warteten bis Mitternacht, da sollte eigentlich die Verladung beginnen, doch nichts passierte. Um 2 Uhr dann war es so soweit, wir rückten zur Verladeklappe vor. Dort hieß es dann wieder warten und wir konnten zuschauen, wie ein LKW nach dem anderen virtuos rückwärts im Schlund der Fähre verschwand. Endlich waren wir dran. Ebenfalls rückwärts ging es an Bord.

Das Schiff ist uralt, stammt aus Skandinavien, was an allen Beschriftungen deutlich wird, zum Beispiel gibt es einen "Uitgang Fredikshavn". Wir fanden noch Platz am Oberdeck, zwischen den Schornsteinen, deren Gebläse uns stereomäßig zudröhnten. Um 4 Uhr ging es endlich los, da wollten wir eigentlich in Nuweiba ankommen.


30.10. Nuweiba

N29°01'31,4" E034°40'25,2"
Auto-Tages-km: 19
Nach vier Stunden legten wir in Nuweiba an. Da hier die Uhr eine Stunde zurückgestellt werden musste, war es 7 Uhr. Die Türen zwischen den Decks waren verschlossen, so dass wir nicht hinuntergehen konnten. Sicherlich ist so etwas aus Sicherheitsgründen bedenklich. Wie kommt man im Notfall von Bord? Irgendwann wurden sie aufgeschlossen und wir konnten zur Passkontrolle gehen. Danach ging es zu den Fahrzeugen und dann auch zügig von Bord. Unter einem grossen Dach standen wir dann inmitten von Ägyptern (sie sehen aus wie bei Asterix und Kleopatra!) und Syrern, die grosse Teppiche neben ihre Autos gelegt hatten und schliefen. Zu Anfang dachten wir noch bei uns würde es schneller gehen, die Fahrgestellnummern wurden überprüft, auf einen Zettel übertragen, dann hieß es wieder warte. Irgendwann ging ich schlafen. Nach fünf Stunden wurde ich geweckt. Gil kam mit unseren ägyptischen Nummernschildern und wir konnten endlich unseren 3. Kontinent auf dieser Reise betreten: Afrika!

Wir waren in Ägypten angekommen, meinem Ziel auf dieser Reise. Wie werde ich es aufnehmen? Werden meine Träume Wirklichkeit werden?

Wir bezogen für zwei Nächte unseren Stellplatz am Strand des Dolphin Camps am Hotel Nuweiba Village.


31.10. Nuweiba

Tages-km: 0
Heute wollten wir eine Jeep-Tour zum Coloured Canyon machen, die Bilder im Reiseführer machten uns neugierig. Doch die Polizei machte uns einen Strich durch die Rechnung, sie sperrte aus unerfindlichen Gründen die Hauptstraße nach Suez und Kairo und damit unseren Weg zum Canyon. Kurzerhand wurde umdisponiert. Unser Guide empfahl uns grandiose Ausblicke über den Sinai und einen "ganz schmalen Canyon". Also los. Es begann eine Bandscheibensortiertour in die Berge, durch schmale Wadis, über lose Steinpisten, durch tiefen Sand, hoch und runter, entlang an den bizarren Formen der Felsen, die durch die Erosion modelliert wurden. Wir kamen an Beduinenbehausungen vorbei und erreichten schließlich unser Ziel. Der kleine Canyon erwies als Felsspalte, die überklettert werden konnte, um dann unspektakulär in einem kleinen Wadi weiterzugehen, aber das machte nichts. Der Weg und die Gegend waren so spektakulär, dass in uns der Wunsch reifte, mal eine mehrtägige Jeeptour mit Zelten durch so eine Gegend zu machen. Auf dem Rückweg wurde uns bei einem Beduinenlager Tee und Kaffee gereicht. Eine wunderbare Tour.

Den Nachmittag verbrachten wir faul am Strand und im Wasser und erfreuten uns an den den neu sortierten Bandscheiben.


01.11. Durch den Sinai zum Katharinenkloster

N28°33'50,5" E033°57'14,9" Höhe: 1.450 m
Tages-km: 124
Das Roadbook versprach eine grandiose Strecke durch den Sinai, so dass wir früh aufbrachen, um sie auch gebührend genießen zu können. Die Straße stieg stetig auf 900 m an. Die grauen Basalt- und Sandsteinberge wichen hellem Sandstein. Weißer Sand, wegen dem mancher Badeort neidisch werden könnte, füllte die Wadis und Berghänge, wir kamen in die Sandwüste. Et Thi ist der Name dieser Sandwüste. Es ist ein Schichttafelland zwischen Nordsinai und dem Gebirge, zu dem der Berg Sinai gehört. Mit 20 bis 50 mm Niederschlag pro Jahr handelt es sich dabei um die unwirtlichste Gegend der Halbinsel. Genauso sieht es hier auch aus. Als hätte ein Modelltischler aus Sperrholzplatten die Berge nachgebildet und die Zwischenräume mit Sand ausgefüllt. Beeindruckend, diese Wüste und immer wieder überraschend, dass hier Menschen leben. Immer wieder stossen wir auf Beduinensiedlungen. Die Wahl des Ortes ist für uns nicht ersichtlich, oft stehen die Zelte im Sand zwischen nackten Felsen. Ist mal Grün vorhanden, ist keine Ansiedlung da.

Die Straße steigt weiter an, der Sand hört auf, der Fels bekommt eine rote oder dunkle Farbe und fast meint man, eine Riese habe groben Schotter über die Landschaft verteilt. Auf 1.500 m Höhe wächst dann nichts mehr. Ein Polizeiposten prüft die Pässe und fragt nach unserem Woher und Wohin. Mit einem Welcome dürfen wir weiterfahren. Bei welcher Polizeikontrolle in Europa wird man so behandelt?

Möglichkeiten, um bei einer Pause diese Landschaft wirken zu lassen, waren dünn gesät, so dass wir rechtzeitig vor Toresschluss am Kloster ankamen. In der Masse der Busse fanden wir sogar noch einen Parkplatz. Einmal tief durchatmen und hinein ins Gewühl.

Das orthodoxe Katharinenkloster wurde zwischen 548 und 565 an der Stelle gegründet, an der sich angeblich der brennende Dornbusch, in dem sich Gott Moses offenbarte, unterhalb des 2.285 m hohen Berg Sinai (oder Gebel Musa, Mosesberg), auf dem Moses die zehn Gebote erhalten haben soll. Hier befinden sich auch die Reliquien der heiligen Katharina von Alexandrien, die der Legende nach von einem Engel hierher getragen wurden.

Es ist eines der ältesten Klöster der Christenheit. Durch seine isolierte Lage gehört es zu den wenigen Klöstern, die nie zerstört wurden. Das Kloster wurde unter dem oströmischen Kaiser Justinian I. zum Schutz der Mönche gebaut. Die heutige Hauptkirche stammt aus dieser Zeit.

Der islamische Prophet Mohammed soll hier mehrmals zu Gast gewesen sein, bevor er als Prophet auftrat. Nach seinem politischen Aufstieg schrieb er dann einen Brief an das Kloster, in dem dessen Fortbestand garantiert wurde. Diese Garantie ist durch die Jahrhunderte von den islamischen Herrschern anerkannt worden und hat die Existenz des Klosters gesichert. Auch Napoleon Bonaparte hat dem Kloster einen Schutzbrief geschrieben. So wurde das Kloster seit seiner Gründung niemals überfallen und konnte seine Autonomie erhalten.

Kloster und Berg sind Christen wie Moslems gleichermaßen heilig. So befindet sich in der Klosterfestungsanlage eine Moschee und auf dem Gipfel eine moslemisches Heiligtum. Vor dem Touristenrummel warnen alle Reiseführer. Irgendwie hatte ich das verdrängt und war entsetzt über die Menschenmassen, die mich durch das Kloster schoben. Vor dem Kloster reihte sich ein Souvenirstand an den anderen, fliegende Händler verfolgten einen auf Schritt und Tritt. In dem Kloster wurde tatsächlich ein Dornbusch für Touristen gepflegt, den alle mal berühren wollten, entsprechend abgekaut sah er an der Unterseite aus. Bei dem Geschiebe warfen wir nur einen Blick in die Kirche und flohen dann. Das wirklich Bedeutende, die Bibliothek, ist für die Öffentlichkeit ohnehin nicht zugänglich.

Die Klosterbibliothek, bestehend aus vier Bibliotheksräumen, ist wahrscheinlich die älteste erhaltene christliche Bibliothek. Sie enthält sechstausend Handschriften in griechischer, syrischer, äthiopischer, arabischer, georgischer, und slavonischer Sprache, davon dreitausend aus der Antike und einige älter als das Kloster selbst, eine Sammlung, die an Umfang nur durch die des Vatikans übertroffen wird.

Schnell ließen wir den Rummel hinter uns, so etwas brauchen wir nicht und stählen uns für Kommendes, denn bei den alten ägyptischen Bauwerken wird es nicht anders sein und wegen denn bin ich ja hier!

Im Dorf Katherine konnten wir noch ein wenig einkaufen, Fladenbrot, Tomaten und Auberginen gab es, bevor wir unseren Stellplatz am Camping Safari Moonland mit einem tollen Blick auf die Berge ums uns herum, bezogen. Hier in 1.500 m Höhe ist es trotz Sonne recht kühl und nachdem sie hinter einem Berg verschwunden war, verzogen wir uns schnell in die Womos.


02.11. Nach Ras Sudr

N29°34'39,4" E032°42'51,7"
Tages-km: 249
Hundert Kilometer konnten wir heute noch einmal die Wüste des Sinai fahren, uns an den verschwenderisch verteilten Farben erfreuen. Wieder eine Polizeikontrolle. Diesmal reichten die Pässe nicht aus, ein Polizist mit umgeschnallter Kalaschnikow kam in das Auto und machte jedes Fach auf einschließlich des Toilettendeckels. Was er suchte wollte er nicht sagen. Wie sich am Abend herausstellte, wurde jeder Wagen durchsucht.

Mit dem Abbiegen auf die Küstenstrasse hörte auch die begeisternde Landschaft auf. Der Küstenabschnitt war öde, schmutzig, viel Industrie mit entsprechendem Müll und Schutt drum herum. An vielen Stellen sollten Ferienanlagen aus dem Boden gestampft werden, die schon zerfielen, bevor sie fertig wurden. Viele waren einfach aufgegeben worden. Den Standort dieser Anlagen, in der Walachei, fernab jeglicher Infrastruktur, konnten wir nicht nachvollziehen.

So kamen wir nach Ras Sudr, einem Dorf, das versuchte, sich durch einen Hotelanlage aufzupeppen. Das Dorf typisch ägyptisch: verschlafen, ohne Hoffnung und verdreckt. Für die Polizei waren wir die Abwechslung des Jahres, sie begleitete uns zum Einkaufen ins Dorf und danach auf den Platz. Sie wollte nicht glauben, dass wir dort bleiben wollten.

Der Stellplatz lag auf einem ehemaligen Campingplatz, der in unmittelbarer Nachbarschaft von Öltanks eines langsamen Todes starb. Für uns war ausreichend, dass wir am Wasser standen, dieses Mal am Golf von Suez und wir Strom hatten. Jegliche weitere Infrastruktur war nicht benutzbar, einschließlich des Restaurants. Das Wasser war schön warm, wir fanden schöne Muscheln, .mussten uns aber vor Teerstücken im Sand vorsehen. Der ewige Wind ließ uns nicht lange draußen sitzen, sondern schnell im Womo verschwinden.


03.11. Nach Kairo

N29°58'11,0" E031°10'28,5"
Tages-km: 224
Die heutige Fahrt nach Kairo sollte ganz "easy" werden. Da die Ringautobahn um Kairo fertig war, sollte es kein Problem sein, um Kairo herum zu fahren. Nur den Campingplatz in Gizeh zu finden, war nicht einfach. Deshalb war heute Konvoifahren angesagt. Bei 10 Fahrzeugen und einem sensiblen Führungsfahrzeug war es überhaupt kein Problem und völlig stressfrei.
Der Suezkanaltunnel Ahmad Hamdi entpuppte sich als kleinerer einröhriger Elbtunnel. Wir fuhren in Asien hinein und kamen in Afrika heraus. Ich hatte ja schon beim Grenzübertritt nach Ägypten geschrieben, dass ich nun in Afrika sei. Dieses ist laut Recherche für die historisch-politische Definition eines Kontinents richtig (nur danach ist auch Europa ein Kontinent!). Nach der geographischen und geologischen Definition bin ich erst jetzt in Afrika angekommen.
In dichtem Verkehr ging es um Kairo herum nach Gizeh. Unser Platz stellte sich als Oase in dem Großstadtdschungel heraus. Wir wurden herzlich begrüßt, bekamen eine Papyrusurkunde als Guest of Honour. Der Salma Camping Platz bietet jeden Komfort. Wir konnten unsere Wäsche waschen lassen, Ein Trinkwasserwagen kam auf den Platz und Taxen wurden besorgt.

Dies nutzen wir gleich aus und fuhren mit Ilona und Reinhard in das islamische Viertel in Kairo, die Souks zu besuchen, vor Allem aber, um das pralle Leben der Kairoaner aufzunehmen. Das Taxi holte uns zur verabredeten Zeit ab: Von diesem Abend werde ich zehren, wenn ich "Kairo" höre.


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