Reise 2009-2010: Die Panamerikana - auf der Traumstraße der Welt
Bericht 012


17.12. bis
20.12.09

Die Ruta 40 (Argentinien) und die Carretera Austral (Chile)

 

 

 


17. Dezember: Zur Estancia La Angostura


Heute sollte schlechtes Wetter sein, doch der Morgen strafte die Vorhersagen Lügen. Strahlend blauer Himmel begrüßte uns. Wir hätten früh aufstehen sollen, um mitzubekommen, wie die aufgehende Sonne den Cerro Fitz Roy vergoldet. Zum Glück hatten wir dem Wetterbericht geglaubt. Der Berg stand zwar vor blauem Himmel, doch das Gold fehlte, wie uns Frühaufsteher berichteten.

Die letzten 100 km Asphalt lagen vor uns, dann sollte für die nächsten Tage noch Schotterpiste folgen. Wir waren seelisch gerüstet. Doch unser Wohnmobil leider nicht. Die Schotterpiste war die Beste, die je hatten und wenn es so weiter geht, können wir zufrieden sein. Das meinte mein Wohnmobil leider nicht. Der Bordcomputer meldete "SRS Rückhaltesystem, Werkstatt aufsuchen". Bei einer früheren Meldung über fehlerhaftes ESP half es, den Motor auszuschalten - die Meldung ist nie wieder aufgetaucht. Hier half es mir nicht, die Meldung kam wieder. Ein Blick in die Betriebsanleitung sagte mir, dass dieses System regelmäßig Gurtstraffer und Airbag kontrolliert und dass ich nun damit rechnen muss, mir der Airbag um die Ohren fliegt. Wie empfohlen eine Mercedes-Fachwerkstatt aufsuchen ist hier in der Pampa wohl schlecht. Also muss ich mit dieser Meldung leben.

Die Straße führte uns über die Meseta, eine Hochebene, die immerhin 500 m hoch ist. Und so eben ist sie auch nicht, leicht wellig gehört sie zur dürrsten Steppe, die wir bisher gesehen haben, sogar reine Sandabschnitte waren dabei. Wieder einmal zogen uns die einfachen Farben hellbraun über ocker, grau bis dunkelbraun in ihren Bann. Der Reiseführer sprach von Guanakos, Nandus und Gürteltieren, denen man hier begegnen kann. Es kam auch so, aber leider war kein Gürteltier dabei.

Seit El Calafate befinden wir uns auf der Ruta Nacional 40. Sie ist die längste Nationalstraße Argentiniens und eine der berühmtesten Fernstraßen auf dem amerikanischen Kontinent. Sie durchquert den gesamten Westen Argentiniens mit der Ausnahme der Insel Feuerland von Süd nach Nord. Die Straße ist trotz mehrerer Verbesserungen in den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts auf einigen Streckenabschnitten nur mit geländegängigen Fahrzeugen befahrbar, was ihre Bezwingung zu einer besonderen Herausforderung bei Abenteuertouristen macht. Sie überquert unter anderem den höchsten befahrbaren Straßenpass der Welt, den Abra del Acay (4.905 m hoch) und durchquert sehr vielfältige, touristisch interessante Landschaften. Ihre extrem unterschiedlichen Bedingungen machen sie auch zu einer beliebten Teststrecke bei Automobilherstellern. Ihren derzeitigen Bekanntheitsgrad verdankt diese Nord-Süd-Magistrale den Büchern ("Ruta Cuarenta", "Mágica Ruta 40") und zahlreichen Artikeln in Zeitschriften des deutsch-argentinischen Reiseschriftstellers Federico B. Kirbus, Buenos Aires.

Die Straße war auch entsprechend. Irgendwann gab der Bordcomputer die bildlichen Warnungen auf und piepte nur noch. Es nervte ein wenig und Gil übernahm das Piepen, wenn ihr etwas nicht gefiel, mein Tempo zum Beispiel.

Schließlich kamen wir an den Abzweig zur Estancia. Sieben Klometer ging es nun über einen Sand-Stein-Feldweg durch die Steppe, bis wir nach einer Kurve in ein grünes Tal kamen, einer Oase gleich, durch die ein Fluss floss und Flamingos, Enten, Gänse, Ibisse, Weißbrauenstärlinge, Pferde, Rinder, Schafe und Hunde einträchtig um das Farmhaus gruppiert die Idylle vollendeten. Hier saß ich nun mit Fernglas und Fotoapparat bewaffnet und konnte mich nicht sattsehen bis der Duft von gebratenem Fleisch mich zum Asado rief.

Asado heißt gebraten, aber es ist auch ein Mahl, das in aller Kunst zelebriert wird. Da kommen verschiedene Fleischsorten auf den Grill von verschiedenen Rindsteilen über Lamm bis Hühnchen und werden gut durchgebraten zu verschiedenen Gemüsen und Salaten. Und dann wird geschlemmt bis zum Abwinken. Das taten wir dann auch. Es war herrlich.


18. Dezember: Zur Estancia Casa de Piedra

Die Ruta 40 hatte uns wieder mit all ihrer Rumpelei. Mein Wohnmobil versuchte gar nicht erst bildlich und mit Warnleuchten zu warnen, es beschränkte sich auf empörtes Piepen.

Dann war da einfach so ein Stück Asphalt zur Erholung und nach 60 Kilometern hörte es genauso unvermittelt wieder auf. Schön! Ganz unauffällig stiegen wir auf 700 m Höhe und die Meseta war bis zum Horizont flach wie ein Tisch oder bis zum nächsten Tal, das ebenfalls den Blick weit schweifen ließ. Gürteltiere sahen wir wieder nicht, auch die Guanakos machten sich rar. Baja Caracoles, ein Dorf an einem Straßenknotenpunk, entpuppte sich als ein aus Wellblech und Kisten zusammengezimmertes "Dorf" aus sieben "Häusern", aber es hatte immerhin eine Tankstelle. Wovon die Leute leben, ist nicht ersichtlich. Da fanden wir ein Schild Hosteleria und Camping, aber in Betrieb waren die nicht.

Welch eine Augenweide war da das grüne Tal mit der Estancia, die einen Campingplatz betreibt, auf der wir uns von der Schüttelei erholten.


19. Dezember: Nach Los Antiguos

Nur noch 30 Kilometer Schüttelpiste, dann konnten wir wieder sanft auf Asphalt dahingleiten. Es war ein Erholungstag. Schnell waren wir am Logo Buenos Aires, den sich Argentinien mit Chile teilt, dessen Hälfte Lago General Carrera heißt und der der zweitgrößte See Südamerikas nach dem Titicacasee ist. Ein paar Stunden träumten wir in das azurblaue Wasser, das starker Wind, der von den schneebedeckten Hängen der gegenüberliegenden Berge herüber blies, mit weißen Schaumkronen verzierte.

Wenn man an nichts denkt, dann hat man oft Glück. So oft haben wir die letzten Tage nach einem Gürteltier Ausschau gehalten. Hier lief es uns über den Weg. Wir haben es uns größer vorgestellt, es ist nur ca. 40 cm lang und sehr schnell. Trotzdem gelangen uns ein paar Fotos.

Bis Los Antiguos war es dann nicht mehr weit. Der Name bedeutet in der Sprache der Tehuelche-Indianer "Ort der Alten", doch konnten wir davon nichts feststellen. Aber wir können uns vorstellen, dass in dem milden Klima, das hier herrscht, sich gerne die Alten angesiedelt haben. Heute ist hier ein Obstanbauzentrum. Die Kirschen werden schon rot und werden im Januar geerntet. Es gibt hier auch Wifi in zwei Restaurants, doch es ist zu langsam, um die Internetseiten zu aktualisieren und ob einfache E-mails rausgegangen sind, weiß ich nicht. Auch Handyempfang haben wir wieder einmal. Auf dem Munizipal-Campingplatz richteten wir uns für die Nacht ein.

Doch bevor wir die Beine hochlegen konnten, musste das Auto überprüft werden. Morgen liegt eine schwierige Etappe vor uns. Es gilt eine schmale Schotterstrecke mit großen Steigungen (23% und mehr) und Gefällen, die am Lago General Carrera entlang führt, zu bewältigen. Da mussten Reifendruck, Ölstand und Sonstiges kontrolliert werden.

Ganz wichtig: Morgen steht der Grenzübertritt nach Chile bevor und das heißt wieder Lebensmittelkontrollen. Die Einfuhr von frischem Fleisch, Gemüse, Gewürzen, Kräutern, Käse, Honig, Marmelade und Eiern ist verboten und dieser Grenzübergang soll besonders genau sein. Also wurden Eier gekocht, Fleisch gebraten, Gemüse gegart, Kartoffeln gekocht. Der Rest wurde versteckt, das Auto ist groß.


20. Dezember: Nach Mallin Grande, Chile

Die Grenzkontrollen waren wieder humaner als vorausgesagt. Zum Glück. Wir hatten eine Gurke sichtbar in den Kühlschrank gelegt. Damit war der Zöllner zufrieden und ließ unseren Käse unangetastet. Er erzählte uns, dass das argentinische Obst auf der anderen Seite des Flusses nicht exportiert werden dürfe, da dort Probleme mit der Fruchtfliege herrschten. Hier auf dieser Seite wäre das nicht so. Er sagte nicht, wie die Fliege weiß, dass sie nicht auf die chilenische Seite kommen dürfe.


Nun konnten wir das Wagnis Küstenstraße angehen. Die frontgetriebenen Fahrzeuge wurden zu einem Konvoi zusammengefasst, damit das vordere Fahrzeug die Straße absperren konnte, um den folgenden ungehinderten Schwung zu ermöglichen.

Die Straße hielt, was sie versprach! Atemberaubende Steigungen und Gefälle erinnerten an eine Achterbahnfahrt Nicht nur sie war wildromantisch, sondern auch die Landschaft. Steil fielen die Hänge zum See hin ab und wilde Felsformationen lenkten uns auf der anderen Seite ab. Es war wunderschön. Vielleicht lag es daran, dass es Sonntag war, dass wir kaum mit Gegenverkehr zu kämpfen hatten, doch Straßenarbeiten ließen uns eine Stunde warten, die wir zu einem Mittagessen nutzten.



Wenn es auch keiner zugab, anstrengend war die Fahrt doch, denn viele machten erst mal ein Schläfchen. Unser Stellplatz lag auf einer Wiese mit Blick auf schneebedeckte Gipfel, die im Laufe des Abends hinter Regenwolken verschwanden. Regen versuchte dann auch unser völlig verstaubtes Womo zu waschen. Das Resultat werden morgen begutachten.

Dass heute der 4. Advent ist, merkten wir erst sehr spät.