Reise 2009-2010: Die Panamerikana - auf der Traumstraße der Welt
Bericht 049



20.06. -
26.06.10

USA: Go East!
Durch Montana und South Dakota





Der Grenzübergang in die USA mit dem Chief Mountain


20. Juni: Nach St. Mary, Montana

Strahlend blauer Himmel, da lockten die Rockies im Westen so klar wie selten. Ich begann mich auf den Tag zu freuen, als es im Auto stark nach Abgasen zu riechen begann. Ein Stop zeigte mir, dass dicker weißer Qualm aus dem Auspuff kam. Was bedeutete das schon wieder? Ich konnte nichts tun, also fuhr ich weiter und irgendwann hörte das Qualmen auf. Essig mit Freuen! Jetzt beäugte ich das Auto wieder sehr misstrauisch.

Langsam und fast unmerklich stiegen wir auf 1.600 m, die Felsenreihen näherten sich auf weniger als 50 km. Vor uns tauchte eine markante Felsspitze auf, die sich als Chief Mountain vorstellte, der heilige Berg der Blackfeet Indianer, im Glacier Nationalpark gelegen. Jetzt war die Grenze zu den USA nicht mehr weit. Tatsächlich tauchte die Grenzstation Chief Mountain bald vor uns auf. Vor der malerischen Kulisse des Berges durften wir eine angemessene Zeit warten, obwohl nichts los war, bis wir an die Stoplinie vorfahren durften. Ein Meter zu weit und wir mussten zurücksetzen. Die kümmelspalterische Grenzprozedur der Amerikaner begann. Haben Sie Apfelsinen dabei? Wir hatten. Haben Sie Feuerholz dabei? Wir hatten. Dann fahren Sie zurück auf die kanadische Seite und entsorgen Sie das Holz da. Wir fuhren 50 m zurück und legten unsere zwei Holzscheite am kanadischen Müllcontainer ab, nicht ohne einen netten Plausch mit der kanadischen Grenzbeamtin zu halten. Dann fuhren wir wieder an die US-Stoplinie vor und die Untersuchung begann von Neuem. Unsere Apfelsinen interessierten Keinen mehr!

Endlich konnten wir in die USA einreisen und schon die ersten Häuser zeigten uns die amerikanische Freiheit: Um die Häuser herum wurde abgestellt, was nicht mehr gebraucht wurde, vom kaputten Möbelstück bis zum Schrottauto. Das gab es in Kanada nicht!

Der Himmel wurde dunkel und in der Ferne war leises Donnergrollen zu hören. Unsere Straße, jetzt die US 89, brachte uns nach St. Mary am gleichnamigen See. Hier ist auf der Beginn der Ost-West-Straße durch den Glacier Nationalpark. Auf dem Campingplatz zeigte man uns gleich auf einer Karte, wie weit wir diese Straße mit unserem Mobil fahren dürften. Das würden die Ranger sehr genau nehmen! Da nützt es uns gar nichts, dass der Schnee jetzt geräumt ist.

Gerade hatten wir es uns auf dem RV-Platz gemütlich gemacht, da ging die Welt unter. Mit Donnergrollen öffneten sich die Schleusen und die Wassermassen stürzten herab. Binnen Minuten stand der Platz unter Wasser und ich musste hinaus, um meinen Spannungskonverter aus dem Wasser zu retten. Dann kam der Hagel der nach längerer Zeit in einen Dauerregen überging. Das dauerte die halbe Nacht. Da weiß man ein Wohnmobil zu schätzen!


21. Juni: nach Great Falls, Montana

Meine Voraussage hat es sich als falsch erwiesen. In der zweiten Hälfte der Nacht ging der Regen in einen soliden Dauerlandregen über, der sich lange hielt. Die Unterkante der Wolken ist vielleicht 100 m hoch. Von dem schönen Nationalpark sieht man nichts! Es ist, als wollte uns das Wetter helfen, Abschied zu nehmen.

Trotz des sehr dünnen Wifis des Platzes schaffte ich es heute früh endlich, meinen Antrag auf Rückverschiffung zu Seabridge schicken. Mal sehen, wann das Auto in See gehen kann.

Was soll ich von so einem Tag erzählen? Abgewandelt von einer Fernsehserie könnte man sagen: Unendliche Weite, unendliches Land. Wir kletterten von 1.500 auf 1.100 m herunter und fuhren durch endloses sanftes Hügelland, bestehend aus Weiden und Weizenfeldern, die bereits abgeerntet sind. Keine Anwechslung in der Landschaft, nur die Bilder der Wolken halfen uns aus dieser Gleichförmigkeit heraus. Als am Nachmittag die Wolken ein wenig aufrissen, konnte wir im Süden die berge des Yellowstone NP erahnen, doch wir bogen nach Südosten ab. Wir fuhren durch reines Farmland, dass man auch daran merkte, dass es keine Campgrounds mehr gab. Erst in Great Falls konnte wir unseren Motor abstellen.

Great Falls liegt am oberen Missouri River und hat ca. 57.000 Einwohner. Sie liegt in den Great Plains (Große Ebenen), die sich von Kanada bis nach Texas erstrecken und 1,3 Millionen km2 Land umfassen. Mit 1 Million Menschen gehört sie zu den am dünnsten besiedelten Regionen der Welt, Tendenz sinkend. Das haben wir heute erfahren.


Nun kann das stolz getragene T-Shirt in den Schrank



Die Great Plains - auf dem Weg nach Südosten

22. Juni: Nach Roundup, Montana

Weiter geht unsere Fahrt nach Südosten. In Great Falls hatten wir keine Lust zum Einkaufen, das verschoben wir auf Lewistown, das laut Karte ein wenig größer sein sollte. War es auch, im Gegensatz zu anderen Dörfern gab es hier etliche zwei- bis dreistöckige Steinhäuser und ein wie üblich schachbrettartig angelegter Stadtplan, den wir rauf und runter abfuhren, ohne einen Supermarkt zu finden. Nur Fastfoodläden und die in Massen. Also wurde das Einkaufen verschoben.

Die Great Plains zeigten sich auf diesem Abschnitt gar nicht so plain (eben), Täler durchzogen sie und Berge führten die Straße über bis 1.400 m Höhe. Die ewigen Wiesen waren durch Nadelbäume aufgelockert und prompt war die Strecke im Atlas als besonders schön bezeichnet.

In Grassrange, das ganze 171 Einwohner hat, wie uns die Ladeninhaberin stolz verkündet, aber in Ermangelung anderer Ansiedlungen schon 150 km vorher auf Verkehrsschildern angekündigt wurde und auch im Roadatlas eingezeichnet ist, bogen wir nach Süden ab. Campingplätze oder Rest Areas gab es Hunderte von Kilometern nicht mehr in der Karte zu finden, aber es gab ja noch Roundup, ein Dorf von vielleicht 300 Einwohnern und einem Campground. Es gab auch einen Supermarkt, wo Gil endlich, wie in allen amerikanischen Filmen gezeigt, ihren Einkauf in eine Papiertüte gepackt bekam und den Tipp für einen schönen Gemeindebiwakplatz am Fluß. Eine Kundin brachte uns hin. Nun stehen wir auf einem wunderschönen Platz am Bach. Auf der anderen Seite zieht sich eine baumbewachsene Felswand am Bach entlang und große alte Espen spenden uns Schatten vor der auch einmal hervorlugenden Sonne. Nur drei Fahrzeuge stehen hier und es könnte eine paradiesische Ruhe sein, wenn sie nicht Amerikaner wären, die wohl ohne Stromgenerator nicht auskommen.

Roundup, ob der Name etwas mit einem bei uns gebräuchlichen Unkrautvernichtungsmittel zu tun hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.





23. Juni: In den National Forest von Ashland, Montana

Ziemlich lange lagen wir in den Federn und genossen die Stille, die Sonne, die zum Fenster herein schien und das Zwitschern der Vögel. Ein herrlicher Morgen. Ausgiebig frühstückten wir in unserem Garten, doch irgendwann mussten wir weiter.

Wir kamen durch Billings, das uns zu keinem Stop einlud, es wird beherrscht durch Erdölraffinerien. Das Little Bighorn Monument ließen wir aus, auch wenn hier die Indianer zum letzten Mal gesiegt hatten. Dieses Land ist Crow Indian Reservation und wir hätten erwartet, dass hier ein wenig mehr für das Image der Indianer getan würde, doch anscheinend haben die Indianer selbst kein Interesse daran. Es sieht alles noch ein wenig ärmlicher aus. 100 km weiter, im Ashland National Forest, fanden wir einen kostenlosen Campground, auf dem wir alleine stehen. Wir stehen auf einem Berg und können weit ins Land schauen. Hier sind die Hügel bewaldet. Wir schauen den Vögeln zu und ein strahlend blauer Vogel fiel uns besonders auf: Aus Prospekten erfahren wir, dass das ein Mountain Bluebird ist und Wikipedia lieferte uns auch eine Erklärung:

Der Berghüttensänger (Sialia currucoides) ist ein mittelgroßer Singvogel aus der Familie der Drosseln. Das Männchen ist himmelblau gefärbt, mit hellblauer Brust und weißem Bauch; das Weibchen grau mit blauen Partien an Flügeln, Schwanz, Rumpf und weißem Bauch. Der Berghüttensänger lebt im Sommer in Bergregionen im Westen Nordamerikas und zieht zum Überwintern ins Tiefland oder nach Mexiko.




24: Juni: Zum Mount Rushmore, South Dakota

Wieder holten uns Vogelgezwitscher und Sonnenstrahlen, die auf unserer Nase kitzelten, schon früh aus den Federn. Was kann es Schöneres geben, als im Wald zu sitzen, nur die Natur zu hören, einen Kaffe in der Hand und den Rehen zuzuschauen, die unten im Tal an den nahen Bach ziehen?

Aber irgendwann ruft die Straße.

200 km kein Dorf und kaum ein Baum. Dann aber sollten laut Karte und Wegweiser Alzada kommen. Es erwies sich als "Dorf" aus zwei Häusern, von denen eines ein Saloon war, der aus der Wildwestzeit übriggeblieben ist, genauso verstaubt, die Sägespäne von damals noch auf dem Fußboden und das Girl hinter der Theke stammte auch noch aus der Zeit.

Laut Werbung sollte es "Cheap Drinks und Lousy Food" geben, billige Getränke und miserables Essen, aber der Hamburger war gar nicht so schlecht.



Endlich was zu Essen



Das erinnert an Tombstone



Hier kann man es aushalten, oder nicht?



Lebendes Inventar

Südlich von Rapid City liegt das Mount Rushmore Monument und ich meinte, dass man das auf einer Amerikatour gesehen haben muss. Ein folgenschwerer Entschluß! Die Prospekte haben mich ja vor tausenden Touristen gewarnt, aber so hätte ich mir das nicht vorgestellt. Schon vor Rapid City schossen die Touristikhinweise aus dem Boden, eine Lodge, Restaurant, Vergnügungspark folgte dem anderen. Die Black Hills, der "Schwarzwald Amerikas" wurde ausgeschlachtet, was das Zeug hielt. Die Preise waren dementsprechend, der Parkplatz am Mount Rushmore kostete 10 $, der Campingplatz war mit 51 $ der Teuerste bisher und das Wifi funktionierte auch nicht.

Die Black Hills sahen dem Schwarzwald nur sehr entfernt ähnlich, wenn Nadelbäume und Hügel schon Ähnlichkeit bedeuten…

Aber das Mount Rushmore Nationalmonument ist schon beeindruckend!

Wieder einmal war unser Wohnmobil auf Grund seiner Landkarten und des fremden Kennzeichens umlagert. Nun steht auf dem Nummernschild ein "D", ein separates D-Schild ist auch da, zusätzlich steht vorne und hinten in 10 cm großen Buchstaben ALEMANIA auf dem Auto, trotzdem ist immer die erste Frage: "where are you from?" Wir haben schon gelesen, dass die Amerikaner fremdsprachen-resistent sind und erwarten, dass alle Welt englisch spricht, aber so ein schlichtes Wörtchen ALEMANIA? Gehört das nicht zur Allgemeinbildung?

25. Juni: Durch die Badlands von South Dakota

Heute lagen die Badlands auf unserem Weg. Kein Wunder, dass die ersten Siedler sie als "schlechtes Land" bezeichneten.
Nur mühsam hinderte eine dünne Grasnarbe das Wetter daran, auch das letzte bisschen Humus hinzuwehen. Wind und Regen hatten hier eine Mondlandschaft geschaffen, wie wir sie gewaltiger schon aus dem Bryce Canyon kennen, Nur sind es hier keine roten Gesteine, sondern Sandstein, was die Landschaft aber nicht weniger sehenswert machte. Wir hatten Glück, dass Sonne und ein blauer Himmel die Farben gut in Szene setzten.

Müde vom Schauen kamen wir am Ausgang des Nationalparks auf einem Campground an, auf dem wir noch lange die Wärme und Sonne genießen konnten.



26. Juni: An den Missouri bei Sioux Falls, South Dakota

Wie gut, dass wir gestern durch die Badlands gefahren sind. Heute Nacht hat es geregnet und der Morgen war dementsprechend grau und ohne Farben, womit die Wirkung der Gesteinsformationen völlig verpuffte!

Wir folgten weiter unserer Fährte nach Osten über die ewige Prärie. South Dakota hat ca. 60% der Fläche von Deutschland, aber nur 1% der Einwohner. Dies wird uns heute wieder deutlich vor Augen geführt. "Dörfer" bestehen aus 71 Einwohnern, wie das Ortseingangschild stolz verkündet. Doch wo die wohnen, ist nicht ersichtlich. Kornfelder lösen die Grasmeere ab, große Getreidesilos stehen an der Straße, doch wo wohnen die Menschen, die hier arbeiten?

Endlich nach 250 km eine Dorf. Stolz verkündet das Ortsschild: Gregory, 3.500 Einwohner! Hier gibt es einen Supermarkt und Tankstellen. Ohne Pickup kommt man hier nicht zurecht, zu Recht ist er das meist gefahrene Auto, es gibt ihn von jeder Marke.

Dann der Missouri. Er begrüßt mit dicken schwarzen Wolken, die uns mit dicken Tropfen bombardieren, die auf der Windschutzscheibe zerplatzen. Dabei ändert sich an der Schwüle nichts, es bleiben 34°. Ein paar mal hat sich Gil Mexiko zurückgewünscht, heute hat sie es. Hier oben ist der Missouri noch überschaubar, man ahnt nur seine zukünftige Größe. Der Fort Randall Dam staut ihn hier zu einem beachtlichen Freizeitrevier auf, das auch wir nutzen und auf einer Recreation Area mit Campgrond unseren Motor für heute abstellen. Zum Glück gibt es hier große Bäume, in deren Schatten wir die Schwüle gut aushalten können. Wieder einmal müssen wir uns an eine Zeitumstellung gewöhnen, wir sind heute in die Central Time Zone gekommen und das bedeutet, dass wir die Uhren wieder eine Stunde vorstellen mussten.